
Veröffentlicht von: Redaktion | Ozzy Osbourne, Reviews Keine Kommentare zu Ozzy Osbourne ist tot: Es lebe der Prince of Darkness – Ein Tribut
Ozzy Osbourne ist tot: Es lebe der Prince of Darkness – Ein Tribut
Hi und willkommen,
es ist ein unerfreulicher Anlass, einer, über den wir am liebsten nie hätten schreiben wollen. Und selbst jetzt fällt es mir schwer, die richtigen Worte zu finden. Doch was wären wir für ein Magazin, was wären wir für Fans des genialsten Musikgenres überhaupt, wenn wir nicht offen mit euch darüber sprechen würden?
Unser Prinz ist gegangen. Und wir müssen akzeptieren, dass der Thron nun leer bleibt.
Aus diesem Grund wollen wir – als ergebene Untertanen des Prince of Darkness, Ozzy Osbourne – ihm zu Ehren einen Tribut verfassen. Einen Artikel, der sich ganz bewusst von unseren üblichen Kolumnen abhebt und der sich mehr denn je der Emotion hingibt. Also Taschentücher raus, Ozzy aufdrehen und weiterlesen.
I was standing at the edge, looking down at myself as a child, and he looked back at me, crying tears of defeat from his eyes. He said, I know all the lies that you hide behind every fake smile. Am I gonna be lonely like you for… All my life I’ve been living in yesterday. All my life, a dollar short and a day too late. – All My Life, Ozzy Osbourne.
In seiner Autobiografie schrieb Osbourne, dass sein Vater einst zu ihm sagte, er werde entweder etwas Besonderes erreichen oder im Gefängnis landen. Beide Aussagen sollten sich als wahr herausstellen: Kurz vor seinem 18. Geburtstag wurde John Michael Osbourne, wie Ozzy mit bürgerlichem Namen heißt, wegen schweren Diebstahls inhaftiert. Drei Monate saß er im Gefängnis seiner Heimatstadt Birmingham.
Der spätere weltbekannte Musiker, Künstler und Ikone des Heavy Metal wuchs im Stadtteil Aston auf, ein Ort, der noch immer die Narben des Zweiten Weltkriegs trug und kaum Perspektiven für junge Menschen bot. In genau diesem Umfeld gründete er gegen Ende der 60er Jahre die Band Black Sabbath, die bis heute als Wegbereiter des Heavy Metal gilt.
Nach mehreren erfolgreichen Alben und weltweiten Tourneen wuchs der Druck innerhalb der Band. Spannungen zwischen den Mitgliedern und Osbournes zunehmender Konsum von Alkohol und Drogen führten letztlich zu seiner Entlassung aus der eigenen Band. Doch durch die Unterstützung seiner neuen Managerin – und späteren Ehefrau – Sharon Osbourne wagte er Anfang der 1980er eine Solokarriere.
In diesem Jahrzehnt manifestierte sich endgültig sein Image als chaotischer, unverwüstlicher Rockstar. Als der Madman, als der Prince of Darkness. Basierend auf seiner Musik, die ihn in dieser Ära besonders bekannt machte, entstanden zahlreiche neue Bands und Künstler. Ozzy veränderte das Genre, prägte es. Er veränderte auch, wie wir Musik empfanden.
Auf seiner ersten Tour mit Blizzard of Ozz trat eine bis dahin unbekannte Band namens Mötley Crüe als Vorband auf. Sie sollte bald selbst weltbekannt werden. Auch Künstler wie Kiss, Guns N’ Roses und Metallica fanden durch Osbournes Musik zusätzliche Aufmerksamkeit. In seiner Solokarriere verkaufte Osbourne bis 2013 über 100 Millionen Alben und gewann vier Grammy Awards.
Pray for me Father, for I know not what I do. I am the monster, yeah you must have read the news. Don’t know how it started, but I know just how it ends. Pray for me Father, ’cause I’m running out of friends. – Holy Tonight, Ozzy Osbourne
Sein unkonventioneller Lebensstil und sein Hang zu Alkohol und Drogen führten dazu, dass Osbourne in der Öffentlichkeit häufig negativ auffiel. In zahlreichen Fernsehauftritten und Interviews wurde er auf sein exzentrisches Verhalten angesprochen – es wurde zu einem Markenzeichen. Sein Image als Madman, als jemand, der das Chaos sucht und keine Regeln kennt, wurde von der Öffentlichkeit dankbar übernommen.
Doch Ozzy Osbourne spielte diese Rolle nicht immer freiwillig. Das Bild, das die Welt von ihm hatte, stimmte nicht immer mit dem überein, das er von sich selbst zeichnete, auch wenn dieses Selbstbild nur in seltenen Momenten durchscheinen durfte. Diese Ambivalenz prägte seinen öffentlichen Auftritt, wurde aber nie Teil der breiten Wahrnehmung. So war das öffentliche Bild Osbournes in dieser Zeit stets von Kontroversen begleitet.
Ein besonders prägendes Ereignis war sein Auftritt am 20. Januar 1982 in Des Moines, Iowa. Osbourne war mit seiner Band Blizzard of Ozz auf Tour, um das aktuelle Album “Diary of a Madman” zu bewerben. Während des Konzerts warf ein Zuschauer eine lebende Fledermaus auf die Bühne. Ozzy griff nach dem Tier und biss ihm den Kopf ab in dem Glauben, es handle sich um ein Spielzeug. Die Szene ging um die Welt.
Er wurde sofort ins Krankenhaus gebracht und gegen Tollwut geimpft. Die folgenden Konzerte wurden abgesagt – Osbourne litt noch Wochen später unter Schwächeanfällen. Der Vorfall sorgte international für Schlagzeilen. In einem Interview betonte Ozzy später, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass es sich um eine echte Fledermaus gehandelt hatte. Die Kontroverse beschädigte zunächst sein Image doch er machte sie sich zunutze. In den folgenden Shows bewarf er sich mit seinem Publikum gegenseitig mit Schlachtabfällen. Ozzy machte das, was er immer tat: Er verwandelte Skandal in Show, Niederlage in Mythos.
Im Jahr 1982 gab Osbourne ein Interview in der Sendung Night Flight, das eine andere Seite des Künstlers zeigte. Er wurde auf sein Image als Wild Man angesprochen, eine Bezeichnung, die er zurückwies. Er sprach davon, dass in ihm zwei Persönlichkeiten wohnten: John Osbourne, die ruhigere, normale Seite, und Ozzy, das unberechenbare Wesen, das alle Welt sehen wollte. Es falle ihm schwer, diese Rolle jeden Tag zu spielen, aber er tue es, weil die Gesellschaft es erwarte.
Zwei Seelen, ein Körper. Er sagte, er spiele Ozzy nur, weil die Welt es von ihm verlange. Doch wie lange kann man eine Rolle spielen, ohne sich selbst zu verlieren?
Dark memories, they keep me up all night. You left me half-empty. Why are you always right? Can’t change me, no matter how you try. You break me, forsake me. Right now, I wanna die. – Goodbye, Ozzy Osbourne
In seinen Liedern verarbeitete Osbourne immer wieder Themen, die ihn bewegten und belasteten wie das Leben, Ängste, Drogen, Einsamkeit, Identität. Diese Kombination aus düsterer Musik, schonungslosen Texten und einer polarisierenden öffentlichen Figur war damals revolutionär. Metal wurde zum Symbol des Widerstands, zum Sprachrohr einer Generation, die anders sein wollte.
Ozzy stellte seine körperliche und psychische Gesundheit zurück. Er war nicht mehr John sondern das, was die Welt in ihm sehen wollte. Ein Blick auf sein damaliges Pensum bestätigt das: teilweise spielte er mehrere Shows pro Tag. Er lebte ein Leben, das ihn selbst auffraß, aber er hielt durch, auch weil er nie die Chance hatte, einfach er selbst zu sein.
In seinen Songs schrieb er über Realitätsflucht, über die Sehnsucht nach etwas Echtem. Und obwohl seine Musik vielen Hoffnung gab, blieb er selbst oft im Schatten der Erwartungen gefangen.
Die Macht der Medien war dabei ein ständiger Begleiter. Sie prägten das Bild des Musikers genauso wie das seines Genres. Sie machten ihn zur Kultfigur, aber auch zur Projektionsfläche. Vielleicht schuf sich John Osbourne das Alter Ego Ozzy Osbourne auch aus Selbstschutz. Vielleicht war es seine Art, mit der Welt fertigzuwerden. Vielleicht war es aber auch ein stiller Schrei nach Freiheit.
Ein John Osbourne hätte es verletzt, wenn jemand seine Musik ablehnt. Ein Ozzy Osbourne kümmert sich nicht darum.
I was unprepared for fame. Then everybody knew my name. No more lonely nights, it’s all for you. I have traveled many miles, I’ve seen tears and I’ve seen smiles. Just remember that it’s all for you. Don’t forget me as the colors fade. When the lights go down, it’s just an empty stage. – Ordinary Man, Ozzy Osbourne
Ozzy Osbourne war für viele mehr als nur ein Musiker. Er war der Madman, der den Crazy Train sein Zuhause nannte. Der Prince of Darkness, das Idol, das den Metal zu dem gemacht hat, was er heute ist. Für seine Familie war er wahrscheinlich einfach nur John: Ein Mensch mit Ecken und Kanten, geliebt wie jeder andere auch.
Doch was war Ozzy für sich selbst? War er wirklich dieser Ozzy Osbourne, der Name, den er sich selbst auf die Finger tätowierte, als er im Gefängnis saß? Oder war er einfach John, der Junge aus Aston, der gesehen werden wollte?
Wir wissen es nicht. Vielleicht wusste er es selbst nicht immer. Aber sicher ist: Ozzy war jemand, der über seine Musik hinauslebt. Jemand, der mehr war als jede Bühne, jedes Album, jeder Skandal. Ein Idol. Ein Vater. Ein Geliebter. Eine Naturgewalt, ohne die viele von uns längst aufgegeben hätten.
Darum: Danke. Danke auch von uns. Danke von mir. Danke, dass du da warst, als ich dich am meisten gebraucht habe.
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